Goethe-Live-3D

GOETHE LIVE 3D – Gemeinsam im hybriden Museum (Forschungsprojekt)

 Spätestens durch die COVID-19-Pandemie wurde deutlich, wie schwerwiegend sich fehlende digitale und innovative Angebote und Inhalte von Bildungs- und Kultureinrichtungen auswirken können. Generell verhindern zeitweise notwendige Schließung, sei es aufgrund von Sanierungen oder einer Pandemie, von Museen und anderen Institutionen über einen längeren Zeitraum den Besuch von Ausstellungen, Museumsräumen oder kulturellen Veranstaltungen. Darüber hinaus, zeigt sich, dass besonders die kulturellen Institutionen erfolgreich sind, die sich auf die Bedürfnisse neuer und vor allem junger Zielgruppen konzentrieren und entsprechende Angebote zur Verfügung stellen.

Im Rahmen des dreijährigen, im Juni 2021 gestarteten, Forschungsprojektes Goethe-Live-3D werden verschiedene Ansätze entwickelt, um neue, digitale und immersive Erlebnisse, vor allem mithilfe von Virtual Reality, während des Museumsbesuches zu schaffen. Dabei stehen vor allem soziale und Telepräsenz-Aspekte im Vordergrund. Ziel ist die Entwicklung, Realisierung und Evaluierung innovativer Konzepte für hybride Museen, welche die reale Welt und virtuelle Realität für lokale aber auch nicht-lokale Besuchsgruppen intelligent verknüpfen.

Wie dem Projekttitel schon zu entnehmen ist, ist der Gegenstand des aktuellen Forschungsprojektes Goethes Wohnhaus in Weimar. Hier lebte und wirkte Goethe seit 1782 fast 50 Jahre lang. Neben seiner Funktion als Wohn- und Arbeitsstätte, diente das große Haus vor allem auch dem kulturellen und wissenschaftlichen Austausch sowie der Ausstellung Goethes eigener Sammlung an Exponaten. Heute kann ein Großteil der historischen Räume samt originaler Einrichtung besichtigt werden.

Um das Goethehaus in der virtuellen Realität begehen zu können, war es eine der Hauptaufgaben von ArcTron3D, ausgewählte Räume und Exponate sowie das Haus selbst zu digitalisieren. Dabei kam der, für solche Vermessungsprojekte typische, firmeneigene Datenfusions-Workflow zum Einsatz, bei dem die Bilder aus den Photogrammetrie-Aufnahmen mit den Ergebnissen des 3D-Laserscannings kombiniert wurden. Nach insgesamt mehreren Vermessungstagen, aufgeteilt auf zwei Termine, waren alle Daten vollständig. Dabei handelt es sich um

  • Gesamtarchitektur (innen und außen) und Außenbereich (inkl. Garten) des Goethe-Wohnhauses in architekturspezifischer Qualität (sub-cm Genauigkeit) 
  • Neun Innenräume in sehr kleiner mm-Auflösung
  • Diverse repräsentative Exponate aus Goethes Sammlungsbestand (v.a. Büsten, Statuen, Wandtafeln etc.) in sehr hoher sub-mm Auflösung
  • Historisches Miniaturmodell der Weimarer Altstadt
  • “Goethe+Schiller” Statue auf dem Theaterplatz

Die enorm hohe Menge an Daten wurde anschließend aufbereitet, prozessiert und in hochqualitative 3D-Modelle umgewandelt.

Um diese hochaufgelösten Daten in Echtzeitumgebungen für Virtual – oder Augmented Reality nutzen zu können, wurden die Räume inkl. Mobiliar, Außenfassaden und Nebengebäuden modelliert und die Statuen und Büsten vereinfacht. Für eine vollständige Darstellung des Goethehauses, wurde hierfür ein abstrahiertes 3D-Modell in Form eines, aufschneidbaren „Puppenhauses“ erstellt und die detailreichen Räume dort integriert.

Zusätzlichen zu den Architekturmodellen wurde auch ein “realistischer” und echtzeitfähiger 3D-Avatar von Goethe entwickelt. Neben historischen Ansichten, diente auch das aus dem “Thüringen-Marketing” so bekannte, digitalisierte Statuen-Ensemble von Goethe und Schiller auf dem Weimarer Theaterplatz als Rekonstruktionsvorlage.

Bereits nachdem die ersten Modelle fertig waren, konnten den Partnern erste Versionen als Basis für deren eigene VR-Entwicklungen zur Verfügung gestellt und im Laufe des Projektes aktualisiert und erweitert werden. Im Forschungsnetzwerk werden für “hybride” Museen unter anderem besonders attraktive kollaborative Explorations-, Interaktions-, Multi-User- und Streaming-Lösungen  entwickelt, so dass von verschiedensten Plattformen lokal und nicht lokal Museumsinhalte und -touren erlebt werden können.  

Um die wichtigsten Arbeiten und Ergebnisse, die im Rahmen dieses Forschungsprojektes bei uns im Hause entstanden sind, gesammelt präsentieren zu können, wird aktuell ein spezifischer VR-Demonstrator entwickelt. Die Anwendung  integriert die hochqualitativen visuellen Inhalten und verzichtet komplett auf Controller. Alle Interaktionen funktionieren via Handtracking und erlauben so ein natürlicheres und spannenderes VR-Erlebnis. In der Demo kann das Puppenhausmodell ausgiebig von innen und außen, samt Nachbargebäuden, erkundet werden. Dabei kommen viele Interaktionsmöglichkeiten wie Slider zum Durchschalten der Stockwerke oder die Möglichkeit zum Drehen des Puppenhauses zum Einsatz. Auch können im Rahmen des  museumsdidaktisch aufbereiteten “Metamorphosen”- Konzepts der Klassik-Stiftung Weimar verschiedene Räume und Gebäudezustände in unterschiedlichen Zeitebenen – z.B. auch eine genaue Rekonstruktion der Zerstörungen durch einen massiven Bombentreffer während des II. Weltkriegs – erfahrbar gemacht werden. 

Durch die Auswahl eines nachmodellierten Raumes teleportiert man sich in den entsprechenden Raum und kann so das virtuelle Goethehaus in realer Größe begehen. Ein virtuelles Tablet hilft dabei, zwischen den unterschiedlichen Räumen zu navigieren oder Informationen über die Inneneinrichtung etc. abzurufen.

Wie schon bei vergangenen Forschungsprojekten, zu denen ArcTron 3D beitragen durfte, wurde die Projektleitung und -koordination erneut von der Arbeitsgruppe „Virtual Reality and Visualization Research“ der Bauhaus-Universität Weimar übernommen. Auf technischer Ebene besteht eine der Hauptaufgaben  in der Entwicklung von geeigneten XR-Interaktionstechniken für virtuelle Führungen. Projekt-Partner und deren Zuständigkeiten sind in Übersicht:

  • Bauhaus Universität  Weimar
    • Projektleitung
    • Entwicklung und Evaluation von Techniken für Mehrbenutzerinteraktion in sozialer VR sowie zwischen lokalen und nicht-lokalen Besuchsgruppen
  • Universität Hamburg
    • Entwicklung, Ausführung & Evaluierung von Nutzertests
    • Entwicklung und Evaluierung von intelligenten virtuellen Agenten (z.B. über HoloLens)
  • Curvature Games GmbH, Hamburg
    • Redirected Walking
    • Vernetzung von 3D-Content
  • Consensive GmbH, Weimar
    • Social- und Multi-User VR-Techniken
    • High Quality 3D-Daten-Streaming
  • Klassik Stiftung Weimar
    • Kurator des Goethehauses und dessen Sammlung / Exponate
    • Fachliche Expertise bzgl. Goethe und Goethehaus

Bis zum geplanten Projektende im Juni 2024 werden die Arbeiten und Entwicklungen aller Projektpartner zu einem Ergebnis fusioniert. Mithilfe von mehreren Demonstratoren sollen dann verschiedene digitale Interaktionsmöglichkeiten vorgestellt werden, mit denen die Attraktivität und Vermittlungseffizienz des Wissensraums Museum gesteigert und die soziale und kulturelle Teilhabe auch für Personen an anderen Orten ermöglicht werden soll.

Dieses Projekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Weitere Informationen hierzu finden Sie unter https://www.uni-weimar.de/de/medien/institute/goethe-live-3d-gemeinsam-im-hybriden-museum/